Der hessische Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori ist am 2. Oktober mit der Vorsitzenden der IG Metall Christiane Benner und ihrem Stellvertreter Jürgen Kerner in Brüssel zusammengetroffen. Bei den Beratungen ging es um die Lage der Automobilindustrie an den deutschen und europäischen Standorten und die Frage, wie Industriepolitik bei der Bewältigung der Probleme eingreifen kann.
Die hessische Landesregierung sehe mit Sorge die Entwicklung in der Automobilindustrie und weiteren Kernbranchen der Industrie, betonte Wirtschaftsminister Mansoori. Hessen hat mit Opel in Rüsselsheim, VW in Baunatal und Mercedes in Kassel drei Werke sowie viele Zulieferer und Dienstleister, die unmittelbar von den Autowerken abhängen. „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz. Und wir stimmen uns eng mit den anderen Landesregierungen ab, damit Beschäftigte an den unterschiedlichen Standorten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Das sind konkrete Schicksale, keine Schachfiguren“, erklärte Mansoori. Die Automobilindustrie in Hessen steht für einen Umsatz von 21 Milliarden Euro. Diese Branche beschäftigt allein in Hessen über 43.000 und bundesweit 770.000 Menschen.
Christiane Benner, Erste Vorsitzende der IG Metall, forderte insbesondere für die Autoindustrie als eine der wichtigsten Industrien in Deutschland Planungssicherheit und klare Perspektiven. „Die Automobilhersteller müssen schon kurzfristig ihre Modellpolitik hin zu kleinen, bezahlbaren Autos noch erweitern. Die Politik muss mit industriepolitischen Maßnahmen flankieren. Wir brauchen eine klare europäische Botschaft: Wer Förderung will, muss europäisch gefertigte Teile verbauen. Die Ladeinfrastruktur in ganz Europa, auch die für LKW, muss schnell ausgebaut werden und unkompliziert zu nutzen sein, mit verlässlichem und vergünstigtem Ladestrom.“
Ziel ist Sicherung von Arbeitsplätzen und Standorten
Auch Mansoori forderte mehr Alltagstauglichkeit und einen entschlossenen Ausbau der Ladesäulen. Er verwies auf die Gespräche mit den Wirtschaftsministern der anderen Bundesländer mit VW-Standorten. „Gemeinsam arbeiten wir an guten Bedingungen für industrielle Wertschöpfung. Wir wollen alle Standorte und Arbeitsplätze sichern. Dafür braucht es auch die Wiedereinführung eines zielgerichteten Kaufanreizes für Elektrofahrzeuge.“ Die Bundesländer Niedersachsen, Sachen, Berlin und Hessen setzen sich nach den Worten von Minister Mansoori dafür ein, dass die Strompreise gesenkt werden, indem Netzentgelte aus dem Strompreis genommen werden. Der Ausbau der Netze könne nicht ausschließlich über Unternehmen und private Endkunden getragen werden. Der Ladestrom für E-Mobilität müsse preislich attraktiver gestaltet werden. Man müsse auf europäischer Ebene auch über modifizierte Regeln zu den Flottenemissionen reden, ohne das Ziel eines europaweiten Umstiegs auf E-Mobilität in Frage zu stellen, sagte der Minister. Er fordert deshalb zusammen mit seinen Länderkollegen die Bundesregierung und die EU-Kommission auf, die zurzeit geltende sprunghafte Absenkung des Grenzwertes durch eine schrittweise Absenkung nach dem sogenannten Flat-Curve-Modell zu ersetzen.
Er persönlich und Wirtschaftsstaatssekretär Umut Sönmez stehen im engen Austausch mit der IG Metall und Vertretern der anderen DGB-Gewerkschaften, mit Betriebsräten und Beschäftigten, betonte der Minister. Grundlegende Zielsetzung dabei sei, Arbeitsplätze und Standorte zu sichern sowie Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Dafür sei es auch wichtig, sich auf europäischer Ebene einzusetzen, erklärte Mansoori. „Wir brauchen eine europäische Industriepolitik, die den Egoismus der Mitgliedstaaten hinter sich lässt und Innovation und Mut belohnt. Ohne eine gemeinsame Anstrengung bleibt Europa im globalen Wettbewerb zurück und geraten Wohlstand und Beschäftigung in Gefahr. Das kann keiner wollen.“