Aus Sicht der Landesregierung stehen die Gesellschafter der documenta gGmbH, Stadt Kassel und das Land Hessen, in der Verantwortung, Konsequenzen aus dem Bericht der Fachwissenschaftlichen Begleitung zu antisemitischer Bildsprache auf der documenta fifteen zu ziehen. „Ich habe hier im Landtag und, noch wichtiger, dem Zentralrat und den jüdischen Gemeinden eine schonungslose Aufarbeitung und strukturelle Konsequenzen zugesagt. Ich bin überzeugt, dass nur so ein dauerhafter Schaden von der documenta abgewendet werden kann“, erklärte Kunstministerin Angela Dorn in einer von der Fraktion der GRÜNEN beantragte Aktuellen Stunde des Hessischen Landtages zu diesem Thema. Die Gesellschafter haben im Aufsichtsrat bereits beschlossen, dass die Empfehlungen als Grundlage in eine von ihnen initiierte Organisationsuntersuchung einfließen werden.
Schonungslose Analyse gewollt und bekommen
„Stadt und Land wollten eine schonungslose Analyse – die haben wir bekommen: Mindestens vier Werke waren klar antisemitisch. Das wissenschaftliche Gremium hat sich aber auch grundsätzlich mit dem Umgang mit Antisemitismus, kuratorischen Konzepten und Fragen der Kunstfreiheit beschäftigt. Sie hat die Governance der documenta untersucht und, wie wir es erbeten hatten, Empfehlungen für die künftige Struktur gegeben“, so Ministerin Dorn weiter. „Dabei wird deutlich: Es braucht klarer definierte Verantwortlichkeiten. Es war nicht der kollektive Ansatz der Kuratoren, der dazu geführt hat, dass antisemitische Werke zu sehen waren. Es war eine Kombination aus strukturellen Schwächen und der Art, wie einige der handelnden Personen ihre Rollen wahrgenommen – oder eben nicht wahrgenommen haben. Daraus wollen wir die Konsequenzen ziehen. Wir brauchen mehr externe Expertise, echte Mitsprachemöglichkeit der Bundesebene und eine Nachschärfung der Strukturen und Rollen.“
Externer Rat und interne Konfliktmechanismen
„Während der documenta liefen die Anstrengungen des Landes, der Gesellschafter und auch von mir oft ins Leere. Ich habe beispielsweise noch vor der documenta-Eröffnung Anfang Juni eine Begleitung durch das Demokratiezentrum angeregt, um handlungsfähig zu sein. Dieser Rat wurde leider nicht berücksichtigt. Der Bericht bestätigt nun: Die documenta braucht externen Rat und interne Konfliktmechanismen, um ohne politische Interventionen und staatliche Eingriffe in die Kunstfreiheit arbeiten zu können. Es ist gut, dass mit dem Bericht deutlich wird: Beratung ist kein Eingriff in Kunstfreiheit. Im Gegenteil: Ein Beirat kann vermitteln. Auch Kontextualisierungen wären legitim, sogar geboten gewesen. Wissen, das einordnet; Wissen, das hilft, um zu verstehen: Das widerspricht der Kunstfreiheit nicht. Das ergänzt und stützt sie.“
„Ich möchte, dass die documenta als weltweit bedeutendste Ausstellung für zeitgenössische Kunst in Kassel eine starke Zukunft hat. Und wenn uns die strukturelle Reform der documenta gelingt, können wir damit auch insgesamt für den Kulturbetrieb vorbildhaft wirken. Denn das Spannungsfeld zwischen Kunstfreiheit und Diskriminierung betrifft viele Kultureinrichtungen. Die Bekämpfung von Antisemitismus – auch in der Kultur – ist eine Aufgabe, vor der wir alle stehen.“