Die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) hat eine Untersuchung zur Rückfallquote nach jugendstrafrechtlichen Diversionsmaßnahmen am Beispiel des Haus des Jugendrechts Frankfurt-Höchst vorgelegt. Das Forschungsprojekt untersuchte, ob Jugendliche und Heranwachsende, die im Haus des Jugendrechts Frankfurt-Höchst betreut werden, nach Abschluss des Verfahrens weniger oft rückfällig werden als vergleichbare Täter aus anderen Frankfurter Stadtteilen (Frankfurter Osten), für die im Untersuchungszeitraum zwischen 2016 und 2019 kein Haus des Jugendrechts zuständig war. Die zwei Probandengruppen – 103 Jugendliche und Heranwachsende aus dem Zuständigkeitsbereich des Haus dem Jugendrechts Frankfurt-Höchst und 70 Personen aus dem Frankfurter Osten – sind hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Delikte, des Alters und Geschlechts der Beschuldigten und ihres Wohnorts vergleichbar. In Bezug auf die Rückfallwahrscheinlichkeit bestanden zwischen beiden Gruppen nach dem Ergebnis der Studie dagegen deutliche Unterschiede.
„Junge Menschen vor kriminellen Karrieren bewahren“
Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck bewertete die Ergebnisse positiv: „Die Untersuchung der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ), die so erstmals im Bundesgebiet anhand vorhandener justizieller Daten durchgeführt wurde, zeigt, dass Häuser des Jugendrechts wirken, um junge Menschen frühzeitig auf strafrechtliches Fehlverhalten aufmerksam zu machen und vor kriminellen Karrieren zu bewahren. Konkret wird aus den Ergebnissen sichtbar, dass 70 % der Jugendlichen und Heranwachsenden, die das Haus des Jugendrechts Frankfurt-Höchst durchlaufen haben, ohne Folgeeintragung im Bundeszentralregister (erneute Straffälligkeit) geblieben sind. Dagegen wies die Kontrollgruppe (keine Zuständigkeit eines Haus des Jugendrechts) in über der Hälfte der Fälle eine erneute Eintragung auf (59 %), und immerhin ein Viertel dieser Beschuldigten hatte sogar mindestens drei Folgeeintragungen. Der ganzheitliche Ansatz, in dem Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendgerichtshilfe und ggf. freie Träger der Jugendhilfe in einem Haus zusammenarbeiten, ist effektiv und hat sich bewährt. Gerade im sensiblen Bereich der Jugenddelinquenz bedarf es einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit. Hier geht es in der Regel um eine staatliche Reaktion auf Verfehlungen unter Berücksichtigung des im Jugendstrafrecht maßgeblichen Erziehungsgedankens und damit zugleich um präventive Ansätze. Diesem umfassenden und differenzierten Ansatz kann keine Institution alleine gerecht werden. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe hebt die Untersuchung der KrimZ daher zurecht hervor und betont insbesondere positiv den persönlichen und individuellen Kontakt sowie die kurzen Wege in der Einrichtung.“
„Bei der Bearbeitung von Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kommt es auf Schnelligkeit und eine Berücksichtigung jugendspezifischer Besonderheiten an. Genau diese Ziele können bei der Bearbeitung unter einem Dach, wie hier in Höchst, aber auch an den anderen Standorten, mit Erfolg erreicht werden. Das zeigen die amtlichen Statistiken deutlich. Im Haus des Jugendrechts Höchst sind 2021 insgesamt 2.241 Verfahren eingeleitet worden. Bis zu einer Anklage zum Jugendrichter dauert es im Schnitt gut zwei Monate. Damit ist diese Einrichtung, die mit den höchsten Verfahrenseingängen in Hessen, gefolgt vom Haus des Jugendrechts in Frankfurt-Nord mit 2.033 Eingängen im vergangen Jahr. Wir können positiv darauf blicken, dass Jugendkriminalität in Hessen rückläufig ist. Das zeigen beispielsweise die Zahlen über Verurteilungen. Während 2009 noch 3.563 Jugendliche durch die Gerichte verurteilt wurden, waren es 2020 nur noch 1.732, das ist also mehr als eine Halbierung der Verurteilungszahlen. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig. Auch der demografische Wandel spielt eine Rolle. Aber die Zahlen sind aus meiner Sicht auch ein deutlicher Beleg dafür, dass die zahlreichen Ansätze in Hessen zur Prävention und Bekämpfung von Jugendkriminalität wirken. Hessen ist ein sicheres Land. Daher wollen wir das Erfolgsmodell der Häuser des Jugendrechts weiterführen und ausdehnen“, sagte Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck.
Hintergrund der Studie
Die Kriminologische Zentralstelle hat „Eine Untersuchung zur Legalbewährung nach jugendstrafrechtlichen Diversionsmaßnahmen“ am Beispiel des Hauses des Jugendrechts Frankfurt am Main-Höchst“ durchgeführt. Im Mittelpunkt stand – neben der Auswertung von Daten amtlicher Statistiken und qualitativ angelegten Befragungen ausgewählter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den an den Verfahren beteiligten Berufsgruppen – eine Untersuchung zur Rückfallwahrscheinlichkeit von Jugendlichen und Heranwachsenden, deren Verfahren in diesem Haus des Jugendrechts bearbeitet wurden, betreffend den Zeitraum 2016 bis 2019.
Die parallelisierte Stichprobe der quantitativen Untersuchung bestand aus insgesamt 173 Jugendlichen und Heranwachsenden aus Frankfurt am Main, die 2015 durch delinquentes Verhalten aufgefallen sind. Die Verfahren von 103 Personen wurden im Haus des Jugendrechts im Stadtteil Höchst bearbeitet, diejenigen von 70 Personen aus dem Frankfurter Osten durchliefen das gängige Jugendverfahren ohne Anbindung an ein Haus des Jugendrechts. Bei den Tatvorwürfen standen Vermögens- und Eigentumsdelikte jeweils im Vordergrund, gefolgt von Verkehrsdelikten in der Experimentalgruppe und Gewaltdelikten in der Kontrollgruppe. Die Abschlussentscheidungen der Staatsanwaltschaft waren im Haus des Jugendrechts Höchst stark diversionsorientiert, während am Hauptsitz der Staatsanwaltschaft über die Hälfte der Beschuldigten der Kontrollgruppe beim Jugendrichter angeklagt wurden.