Rechtsextremes Gedankengut und antidemokratische Positionen sind in Teilen der Gesellschaft angekommen. Auch im Unterricht sehen sich Lehrkräfte mit menschenfeindlichen und herabsetzenden Äußerungen konfrontiert. Vielen fehlen das Wissen und die Sicherheit, um auf diese Situationen angemessen zu reagieren. Mit Beginn des neuen Schuljahrs starten das Hessische Kultusministerium, die Robert Bosch Stiftung GmbH und die Bundeszentrale für politische Bildung deshalb das Projekt „Starke Lehrer - starke Schüler“, das Lehrkräfte im Umgang mit antidemokratischen Haltungen im Klassenzimmer schulen soll.
Das Projekt wird mit der Philipps-Universität Marburg unter der Leitung von Prof. Dr. Susann Gessner durchgeführt und weiterentwickelt. An dem dreijährigen Fortbildungs- und Beratungsprogramm nehmen 18 Lehrkräfte von sechs Beruflichen Schulen aus ganz Hessen und vier externe Beraterinnen und Berater teil. Die ersten Qualifizierungsmaßnahmen starten im Herbst 2022. Die Hessische Lehrkräfteakademie unterstützt in der Projektdurchführung und wirkt bei dem angestrebten Transfer in Regelstrukturen mit.
„Demokratiefeindliche und extremistische Positionen und Verhaltensweisen stellen den auf der Würde des Menschen basierenden Grundkonsens in unserer Gesellschaft in Frage“, erklärt Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz. Um Lehrkräfte im Umgang mit antidemokratischen Einstellungen zu stärken, habe das Land beispielsweise die Handreichung „Grundrechtsklarheit, Wertevermittlung, Demokratieerziehung“ für alle hessischen Lehrkräfte herausgegeben und veranstalte am 30. September zudem einen Demokratiebildungskongress für Lehrkräfte. „Von dem Projekt ‚Starke Lehrer – starke Schüler‘ erwarten wir uns weitere wichtige Erkenntnisse zur Unterstützung unserer Lehrkräfte im Umgang mit demokratiefeindlichen Positionen in der Schule.“
Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit erkennen und damit umgehen
Im Projekt lernen die teilnehmenden Lehrkräfte zunächst, unterschiedliche Formen antidemokratischer Haltungen zu erkennen. Gemeinsam mit Beraterinnen und Beratern entwickeln sie dann Strategien für den Umgang mit menschenfeindlichen Äußerungen im Unterricht. In Workshops üben sie, antidemokratische Verhaltensweisen richtig einzuordnen und angemessen auf sie zu reagieren.
„Wir freuen uns, dass Starke Lehrer – Starke Schüler nun auch in Hessen startet“, sagt Markus Lux, Bereichsleiter „Globale Fragen“ der Robert Bosch Stiftung. „Die Evaluierungen in Sachsen und Niedersachen haben gezeigt, dass dieses Projekt den Lehrkräften das entscheidende Rüstzeug an die Hand geben kann, damit sie demokratiefeindlichen Haltungen in der Schule besser entgegentreten können.“
„Die aktuellen Entwicklungen in den Bereichen Verschwörungsideologien und Demokratiefeindlichkeit unterstreichen die Bedeutung politischer Bildung“, konstatiert Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung und ergänzt: „Der modulhafte Aufbau des Projekts zeichnet sich vor allem durch Praxisnähe aus und stellt einen direkten Bezug zur individuellen Situation an den Schulen her. Denn nur mit starken Lehrkräften wird es uns gelingen, Jugendliche und Heranwachsende gegen Rechtsextremismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit stark zu machen und eine demokratische Schulentwicklung voranzutreiben.“
Im Lauf des Projekts angebotenen Fortbildungen werden von der Philipps-Universität Marburg Fortbildungen konzipiert und durchgeführt. „Lehrerinnen und Lehrern kommt eine Schlüsselrolle dabei zu, wenn Politische Bildung nicht nur als Präventions-, sondern auch als Bildungsaufgabe verstanden wird. Gerade Berufliche Schulen und ihr Potenzial, Menschen im Übergang zum Arbeits- und Berufsleben zu begleiten, werden zunehmend in der Politischen Bildung und ihrer Didaktik beachtet und beforscht. Wir wollen bewährte Konzepte aus den Projektstandorten Sachsen und Niedersachsen übernehmen, weiterentwickeln und auf die hessischen Bedürfnisse anpassen.“
Ein weiterer Schwerpunkt des Projekts ist die Vernetzung der Lehrkräfte und Schulleitungen untereinander sowie mit weiteren Akteuren etablierter Initiativen gegen Demokratiefeindlichkeit.
Ergebnisse aus anderen Bundesländern fließen ein
„Starke Lehrer – starke Schüler“ wurde 2015 auf Initiative der Robert Bosch Stiftung gemeinsam mit der Technischen Universität Dresden entwickelt und bis 2018 gemeinsam mit dem Sächsischen Ministerium für Kultus im Bundesland Sachsen durchgeführt. Evaluiert wurde das Modellprojekt von der Leibniz Universität Hannover, die anschließend das Folgeprojekt in Niedersachsen (2018-2022) koordinierte. In Niedersachsen und seit 2021 in Brandenburg wird das Projekt gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung durchgeführt.
Das Projekt „Starke Lehrer - starke Schüler (Hessen)“ wird durch die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt unter der Leitung von Prof. Dr. Rico Behrens wissenschaftlich begleitet und evaluiert.
Am Projekt teilnehmende Schulen:
- Bethmannschule Frankfurt
- Brühlwiesenschule Hofheim
- Peter-Paul-Cahensly-Schule Limburg
- Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Schule Fritzlar
- Werner-von-Siemens-Schule Wetzlar
- Willy-Brandt-Schule Gießen