Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat in einer digitalen Vorlesung vor rund 200 Studenten und Studentinnen der Justus-Liebig-Universität Gießen den Entstehungsprozess von Rechtsverordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus erklärt und ausgeführt, warum diese so wichtig für die aktuelle Politik sind. „Wir haben es mit weitreichenden Einschränkungen in die Freiheitsrechte jedes Einzelnen zu tun. Diese müssen wir immer wieder neu hinterfragen, auf Verhältnismäßigkeit überprüfen und dem jeweiligen Pandemiegeschehen anpassen.“ Mittlerweile habe es über 45 Änderungs-Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus in Hessen gegeben. „Daran wird auch ersichtlich, welcher rechtliche Aufwand die Bewältigung der Pandemie mit sich bringt.“
Der Ministerpräsident, der in den 70er-Jahren selbst Jura an der Justus-Liebig-Universität studiert hat, machte deutlich, dass Hessen zwar nur für das eigene Bundesland Regelungen treffen könne, dies aber „ohne ein wie auch immer geartetes Zusammenwirken mit den anderen Bundesländern wenig sinnig sei.“ Deshalb komme der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten (MPK) mit der Bundeskanzlerin nicht nur medial, sondern auch in der Sache eine besondere Bedeutung zu.
Bedeutung der Konferenz der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten (MPK)
„In diesen häufig stundenlangen Besprechungen diskutieren wir aktuelle Fragen: Wo breitet sich das Virus aus? Welche neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es? Welche Maßnahmen helfen, die Pandemie in den Griff zu bekommen? Ziel ist es, möglichst eine gemeinsame Antwort darauf zu finden und zu einem Konsens in den zentralen Punkten zu kommen“, betonte Bouffier. „Eine Zusammenarbeit zwischen den Ländern ist unabdingbar. Natürlich sind die Gegebenheiten teils sehr unterschiedlich. Aber je einheitlicher die Regeln, desto besser sind sie vermittelbar und desto größer ist auch ihre Akzeptanz in der Bevölkerung“, machte der Ministerpräsident deutlich. Auch wenn die MPK derzeit „medial gehyped“ werde, sei sie nicht neu, sondern finde bereits seit 1954 in regelmäßigen Abständen statt. „Die dort getroffenen Entscheidungen sind aber in aller Regel für die Bürgerinnen und Bürger noch nicht bindend. Dafür müssen erst die Landesregierungen beraten und beschließen“, so Bouffier.
„Bereits während der Verhandlungen über das gemeinsame Papier durch die Länder und den Bund, beginnen die zuständigen Juristen in den einzelnen Ministerien mit der rechtlichen Umsetzung und bereiten Verordnungen vor. Federführend in Hessen ist dabei das Sozialministerium. Die Staatskanzlei übernimmt eine koordinierende Aufgabe, in welche dann insbesondere das Justiz-, Innen- und Kultusministerium sowie die fachlich beteiligten Ministerien eingebunden werden“, erläuterte Bouffier.
„Mit Besonnenheit, Verantwortung und Rücksicht durch die Krise“
Ministerpräsident Bouffier betonte vor den Studenten zudem, dass Rechtsverordnungen alleine nichts nützten, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht sensibilisiert und mitgenommen werden. „Sie können ein Land nicht mit Verordnungen regieren. Sie müssen Menschen davon überzeugen, dass die beschlossenen Einschränkungen richtig und notwendig sind, nur dann ziehen sie auch mit.“ Deshalb lege die Hessische Landesregierung in der Pandemie-Phase ein großes Augenmerk auf die regelmäßige Information der Öffentlichkeit. „Pressekonferenzen nach den Bund-Länder-Treffen mit der Kanzlerin, Pressemitteilungen, Erklär-Videos, die Beantwortung von Bürgeranfragen in den Sozialen Medien und am Bürgertelefon, die Erstellung von Auslegungshinweisen – all das machen wir, damit die Bürgerinnen und Bürger zeitnah informiert sind und transparent unsere Entscheidungen nachvollziehen können“, unterstrich Bouffier und ergänzte: „Wir wissen um die erheblichen Einschränkungen, die viele Maßnahmen für einen Großteil der hessischen Bevölkerung mit sich bringen. Wir machen uns keine Entscheidung leicht.“ Jeder Einzelne müsse sich seiner Verantwortung für die Gemeinschaft bewusst sein. Nur mit Besonnenheit, Verantwortung und Rücksicht aufeinander, könne es ein annähernd normales Alltagsleben in der Pandemie geben.