Mit dem 1. Januar 2023 ist die Reform des Betreuungsrechts in Kraft getreten. Diese stärkt die Selbstbestimmung von betreuten Menschen und die Qualität der rechtlichen Betreuung.
Der Hessische Justizminister Roman Poseck führt anlässlich der grundlegenden Änderungen im Betreuungsrecht aus: „In den vergangenen Jahren haben sich Betreuungsverfahren hessenweit erhöht. Die Zahl der Menschen, für die ein Betreuungsverfahren geführt wird, ist von rund 91.000 im Jahr 2017 auf rund 96.000 im Jahr 2021 angestiegen. Der Anstieg der Betreuungsverfahren ist unter anderem Folge der demographischen Entwicklung unserer Gesellschaft. Deshalb gibt es auch immer mehr Menschen, die ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können und daher auf eine rechtliche Unterstützung z.B. bei Gesundheitsfragen, Renten- oder Wohnungsproblemen angewiesen sind. Es ist das Gebot einer humanen Gesellschaft, für alte und kranke Menschen bestmögliche Bedingungen zu schaffen, auch in rechtlichen Angelegenheiten. Das Selbstbestimmungsrecht muss auch im Alter und bei Krankheit gewahrt bleiben. Ich begrüße es daher, dass das zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene neue Betreuungsrecht das Selbstbestimmungsrecht der Menschen stärkt.“
„Flächendeckende Beratungsstrukturen etablieren“
Insbesondere die kontinuierliche Information, Beratung und Unterstützung von Familienangehörigen und Engagierten, die die hessischen Betreuungsvereine sicherstellen, wird in den kommenden Jahren besser finanziell ausgestattet und ist dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration ein Anliegen. „Wir ermöglichen durch eine Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Betreuungsrecht vor allem, dass sich auch flächendeckend entsprechende Beratungsstrukturen etablieren. Im Rahmen der bisher freiwilligen Förderung haben wir im Jahr 2021 etwa 1,1 Millionen Euro zur Verfügung gestellt – dieses Jahr wird dies bereits mehr als doppelt so viel sein (2,3 Millionen Euro), 2024 dann 3,2 Millionen Euro, 2025 sogar 4,2 Millionen Euro. Ich bin den Beschäftigten in Betreuungsbehörden und -vereinen, in den Betreuungsgerichten wie auch den vielen ehrenamtlichen und beruflichen Betreuerinnen und Betreuern sehr dankbar, dass sie sich dieser wichtigen Aufgabe jeden Tag mit großem Engagement stellen“, erklärt Anne Janz Staatssekretärin für Soziales und Integration.
Die rechtliche Betreuung betrifft Erwachsene, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen können. Ca. 84.000 Hessinnen und Hessen werden derzeit durch eine Betreuerin oder einen Betreuer unterstützt. Die Betreuungsverfahren werden an den Betreuungsgerichten durchgeführt. Das Betreuungsgericht ist eine Abteilung des Amtsgerichts. Die örtliche Zuständigkeit des Betreuungsgerichts richtet sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der betroffenen Person.
„Ein bürgernahes Angebot ist sichergestellt“
„Das Betreuungsrecht zeigt auch die hohe Bedeutung der Amtsgerichte für die Menschen. Alle 41 hessischen Amtsgerichte nehmen die Aufgaben der Betreuungsgerichte wahr. Die Betreuungsgerichte sind damit gut erreichbar. Ein bürgernahes Angebot ist in Hessen sichergestellt. Dabei soll es auch bleiben: Die schwarz-grüne Landesregierung hat eine Standortgarantie für alle Amtsgerichte in Hessen ausgesprochen. Infolge der bundesweiten Reform des Betreuungsrechts sind ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer nun verpflichtet, vor Übernahme einer ehrenamtlichen Betreuung eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis zum Nachweis ihrer persönlichen Eignung und Zuverlässigkeit vorzulegen. Mit einer Änderung im Hessischen Justizkostengesetz haben wir die Voraussetzung geschaffen, dass Ehrenamtliche ihre Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis gebührenfrei erhalten. Damit stärken wir das ehrenamtliche Engagement in der Betreuung und drücken unsere Anerkennung und Wertschätzung für diese wertvolle Tätigkeit aus“, so der Hessische Minister der Justiz abschließend.
Ein wesentlicher Punkt des zum 1. Januar in Kraft getretenen neuen Betreuungsrechts ist die Stärkung der Selbstbestimmung betreuter Menschen. So haben sich alle Maßnahmen der gerichtlichen Kontrolle und Aufsicht im Betreuungsverfahren an den konkreten Wünschen der betreuten Person zu orientieren. Sind diese Wünsche nicht bekannt, ist auf den mutmaßlichen Willen abzustellen.
Eine wichtige Alternative, dem Selbstbestimmungsrecht Geltung zu verschaffen, bleibt auch weiterhin die Vorsorgevollmacht, die helfen soll, die Einrichtung einer Betreuung durch das Betreuungsgericht zu vermeiden. In der Vorsorgevollmacht können die persönlichen Wünsche und Vorlieben konkret aufgeführt werden und die bevollmächtigte Person ist an diese bei der Ausübung der Vollmacht gebunden.