„Hessen war, ist und bleibt handlungsfähig. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen werden auch weiterhin helfen, die Folgen der Corona-Krise zu meistern. Grundlage dafür wird natürlich das Urteil des Staatsgerichtshofs sein. Er hat entschieden, dass das Gute-Zukunft-Sicherungsgesetz mit der Verfassung des Landes nicht vereinbar ist. Das respektieren und akzeptieren wir. Die Entscheidung des Gerichts ist selbstverständlich Maßgabe bei allen weiteren Corona-Hilfen“, sagte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg heute anlässlich der Sondersitzung des Hessischen Landtags, in der über die Folgen des Urteils des Staatsgerichtshofs zum Sondervermögen Hessens gute Zukunft sichern gesprochen wurde.
„Bei allen unterschiedlichen Ansichten über die Art und Weise, wie die Hilfen organisiert und finanziert werden sollen, waren wir uns im Landtag in der Sache, dass und wem geholfen werden muss, doch in hohem Maße einig. Ich danke der Opposition daher ausdrücklich für die konstruktive Zusammenarbeit. Die inhaltlichen Debatten im Haushaltsausschuss über einzelne Corona-Hilfen übertrafen in Dauer und Intensität die Diskussionen im Rahmen normaler Haushaltsaufstellungsverfahren bei weitem. Im weiteren parlamentarischen Verfahren zum Haushalt 2022 werden natürlich alle Fraktionen eingebunden sein und mit ihren Vorschlägen gehört werden“, sagte Boddenberg zu. „Ich würde mich freuen, wenn wir weiterhin die wichtigen Hilfen für unser Land wie auch bisher mit großer Einigkeit beschließen könnten. Das wäre dieser Krise angemessen.“
Weiteres Verfahren
Der Landtag ist Herr des parlamentarischen Verfahrens. Aus Sicht des Finanzministers spricht viel dafür, die zweite und dritte Lesung des Haushalts 2022 um jeweils eine Plenarrunde zu verschieben und den Haushalt somit im Februar 2022 zu verabschieden. „Das gäbe allen die Möglichkeit, Hinweise, die uns das Gericht mit seinem Urteil gegeben hat, ebenso sorgsam einzuarbeiten wie die Ergebnisse der demnächst anstehenden November-Steuerschätzung“, erläuterte der Finanzminister.
Landesregierung und Landtag mussten Neuland betreten
Der Staatsgerichtshof hat die Einrichtung eines kreditfinanzierten Sondervermögens zur Krisenbewältigung zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, in seinem Urteil jedoch sehr hohe verfassungsrechtliche Anforderungen an die Errichtung formuliert. Diesen Anforderungen wird das Corona-Sondervermögen des Landes nach dem Urteil des Staatsgerichtshofs nicht gerecht. „Die Entscheidung des Staatsgerichtshofes nimmt die Landesregierung mit der gebotenen Demut zur Kenntnis. Gleichzeitig sind wir dem Staatsgerichtshof für die nunmehr definierten finanzverfassungsrechtlichen Leitplanken dankbar. Wir werden sie bei der inhaltlichen Umsetzung des Urteils selbstverständlich konsequent beachten und umsetzen“, sagte Boddenberg. „Weder für die Krise noch für den Umgang mit dieser Ausnahmesituation im Rahmen der Schuldenbremse gab es eine Blaupause. Nicht nur Hessen, sondern auch der Bund und die übrigen Länder betraten daher bei der Bewältigung der Krise finanzverfassungsrechtliches Neuland. Das hat der Staatsgerichtshof in seinem Urteil betont. Das Urteil des Staatsgerichtshofes hat daher auch Auswirkungen weit über die hessischen Landesgrenzen hinaus. Es dürfte nicht zuletzt auch die aktuellen Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene beeinflussen.“
Keine Rückzahlung von Corona-Hilfen
„Niemand muss seine bereits erhaltenen Hilfen zurückzahlen. Alle bereits bewilligten Maßnahmen und eingegangene Verpflichtungen bleiben von dem Urteil unberührt. Für das laufende Jahr heißt das ganz konkret, dass es weder eines Nachtragshaushaltes noch einer Rückabwicklung bereits ausgezahlter Mittel bedarf. Für neue, unabweisbare Corona-Hilfen haben wir vom Staatsgerichtshof eine Übergangsfrist bis zum 31. März 2022 erhalten. Wir prüfen derzeit, inwieweit wir diese Frist ausschöpfen werden. Vieles spricht dafür, bereits mit der Verabschiedung des Haushalts 2022 das Sondervermögen auslaufen zu lassen“, sagte Finanzminister Boddenberg.
Konsequente Überprüfung noch nicht begonnener und künftiger Hilfen
„Hilfen, die zwar bereits vom Haushaltsausschuss beschlossen, aber noch nicht begonnen wurden, werden anhand der Kriterien des Staatsgerichtshofs einer kritischen Prüfung unterzogen. Neue Anträge auf Inanspruchnahme des Sondervermögens sind nur noch bis Jahresende und nur bei eindeutigem Corona-Bezug möglich“, betonte Boddenberg. „Klar ist aber: Alle rechtlichen Verpflichtungen werden erfüllt. Es gibt keine Rückabwicklung von bereits begonnenen Hilfen.“
Sondervermögen wird beendet
„Die Corona-Hilfen des Landes werden künftig über den Kernhaushalt abgebildet und finanziert. Im bereits in erster Lesung im Landtag beratenen Entwurf zum Haushalt 2022 sind schon die Hilfen veranschlagt worden, die bis Mitte Juni 2021 bekannt waren. Es ist allerdings davon auszugehen, dass im Zuge der Abwicklung des Sondervermögens noch weitere Änderungen am Entwurf des Landeshaushalts 2022 vorzunehmen sind, um alle erforderlichen Corona-Hilfen des Landes auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen“, erläuterte der Finanzminister.
Gegenseitiger Respekt notwendig
„In der politischen Debatte müssen wir uns nicht mit Samthandschuhen anfassen. Ich meine aber, dass gerade in der Extremsituation der Corona-Krise, in der die Bürgerinnen und Bürger noch mehr darauf schauen, was wir tun und auch darauf, wie wir miteinander umgehen, der gegenseitige Respekt voreinander zum Ausdruck gebracht werden sollte. Nach dem Urteil gab es Vorwürfe der Opposition, die Landesregierung sei ‚arrogant‘, ‚schamlos‘ und stünde nun vor den ‚Trümmern ihrer Bulldozer-Politik´“, führte Boddenberg an.
Weiter sagte er dazu: „War es ‚schamlos‘ fast 90.000 Laptops für Schülerinnen und Schüler zu beschaffen? Viele davon für Familien, die das Geld für die digitale Teilhabe am Unterricht nicht selber aufbringen können? Ich meine: Nein, schamlos war das nicht, sondern sozial.
War es ‚arrogant‘, sich mit den Kulturhilfeprogrammen darum zu kümmern, tausenden Künstlerinnen und Künstlern durch Arbeitsstipendien zu helfen und Spielstätten, Festivals und Projekte zu unterstützen? Ich meine: Nein, arrogant war das nicht, sondern wertschätzend.
Ist es ‚Bulldozer-Politik‘, mehr als 8500 Kredite an kleine und mittlere Unternehmen zu geben, damit diese die Krise überleben und Menschen weiterhin Arbeit, Brot und Perspektiven geben können? Ich meine: Nein, einen Bulldozer sehe ich da nicht am Werk, dafür helfende Hände.
Und stehen wir vor ‚rauchenden Trümmern‘, weil wir mit hohen Summen Millionen lebenswichtige Impfungen in Impfzentren ermöglich haben? Nein, ich sehe dort keine Trümmer, sondern millionenfache Hoffnung auf ein gesundes und normales Leben.“
Abschließend sagte Hessens Finanzminister Michael Boddenberg: „Ich nehme daher für diese Landesregierung, die sie tragenden Fraktionen und die Tausenden von Beschäftigten, die sich in unser aller Verwaltung um die Sorgen und Nöte der von der Corona-Krise massiv betroffenen Menschen gekümmert haben, in Anspruch, schnell, umfassend und nach bestem Wissen und Gewissen geholfen zu haben. Auch deshalb steht Hessen heute gut da. Dazu hat jeder und jede an der jeweiligen Stelle beigetragen und darüber können wir zusammen froh sein.“