Die Innenministerinnen und Innenminister der Länder tagen vom 19. bis 21. Juni in Potsdam im Rahmen der 221. Sitzung der Innenministerkonferenz (IMK). Hessen hat neun Initiativen eingereicht. Innenminister Roman Poseck hat die Initiativen in Wiesbaden vorgestellt und führte aus:
Zunehmende äußere und innere Gefahren
„Die Innenministerkonferenz tagt zu einer Zeit, die durch zunehmende äußere und innere Gefahren gekennzeichnet ist. Neben den globalen Krisen, wie dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und dem Nahostkonflikt, besorgt uns das Erstarken des Rechtsextremismus, das auch in den Ergebnissen der Europawahl zum Ausdruck kommt, und der schreckliche Tod eines jungen Polizeibeamten in Mannheim, der von einem mutmaßlich islamistisch motivierten Täter mit einem Messer getötet wurde. Diese Entwicklungen und Ereignisse gefährden unser friedliches Zusammenleben, sie verunsichern die Bürgerinnen und Bürger und sie zeigen, dass es gerade jetzt auf die Sicherheit ankommt. Vor diesem Hintergrund wird sich die IMK insbesondere mit aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen beschäftigen.
Zuerst möchte ich den gemeinsamen Antrag Baden-Württembergs und Hessens „Politisch motivierten Gefährdungen effektiv entgegengetreten – insbesondere den politischen Islamismus entschlossen bekämpfen“ vorstellen. Alle Innenministerinnen und Innenminister verurteilen das Attentat auf den getöteten Polizisten in Mannheim aufs Schärfste. Er hat sein Leben dem Schutz unserer freiheitlichen Demokratie geopfert. Daher ist es richtig, dass dieses schlimme Ereignis einen Schwerpunkt der Gespräche bilden wird.
Forderungen nach einem Kalifat ist inakzeptabel
Unsere freiheitliche demokratische Grundordnung basiert auf einem friedlichen und respektvollen Miteinander. Auch Musliminnen und Muslime können sich wie alle Menschen in Deutschland auf das Grundrecht der Glaubensfreiheit berufen. Für dieses Recht stehen wir an der Seite der Musliminnen und Muslimen. Absolut inakzeptabel sind aber die jüngst verstärkt laut werdenden Forderungen nach einem Kalifat in Deutschland. Damit wird die Abschaffung unserer gewaltenteiligen Demokratie gefordert, was wir nicht zulassen dürfen.
Die IMK soll daher nach der hessischen Initiative ihre bereits im Dezember 2023 auf Initiative der unionsgeführten Länder geäußerte Auffassung bekräftigen, dass der Bund unter Ausschöpfung sämtlicher rechtlicher und tatsächlicher Möglichkeiten schnellstmöglich die Voraussetzungen für Abschiebungen verurteilter schwerer Straftäter und Gefährder – auch nach Afghanistan und Syrien – schafft. Gleichzeitig muss es endlich gelingen, irreguläre Migration nach Europa einzudämmen.
Beschränkung von Messern und andere Waffen in der Öffentlichkeit
Zudem sollten Messer und andere Waffen in der Öffentlichkeit stärker und effektiver beschränkt werden. Gerade Fälle wie der tödliche Messerangriff in Mannheim am 31. Mai zeigen, dass es weiterer Maßnahmen bedarf, um die Messerkriminalität einzudämmen. Die IMK soll daher Umsetzungsmöglichkeiten im Waffenrecht prüfen lassen, wie Messer wirkungsvoller aus der Öffentlichkeit verbannt werden können, bspw. durch Ausweitung von Waffenverbotszonen, und über die Ergebnisse zur Herbstkonferenz der IMK 2024 zu berichten.
Stärkung und Weiterentwicklung von Europol
Vor dem Hintergrund der Europawahlen wird die IMK auf hessischen Antrag die Thematik „Innere Sicherheit in der Europäischen Union gemeinsam stärken“ mit den Sicherheitsthemen auf der EU-Ebene diskutieren. „Auch in der neuen Wahlperiode des Europäischen Parlaments wird Innere Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union eines der zentralen Anliegen und Herausforderungen bleiben. Um diesen gerecht zu werden, bedarf es einer kontinuierlichen finanziellen, personellen und technischen Stärkung und Weiterentwicklung der Europäischen Polizeibehörde Europol und weiterer Sicherheitsinstitutionen der EU.
Ich mache mich auch dafür stark, das europäische Zentrum zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs im Rahmen der Verhandlungen über die Verordnung für einen besseren Schutz von Kindern vor Missbrauch zur errichten, das bei der Aufdeckung solcher schrecklichen Straftaten unterstützen soll. Darüber hinaus muss die Bekämpfung Organisierter Kriminalität, insbesondere im Bereich des internationalen Drogenhandels, konsequent vorangetrieben werden. Unser Anspruch muss eine starke Sicherheitspolitik auf europäischer Ebene sein. Nur so können wir auch im Inland eine wirkungsvolle Sicherheit garantieren“, erklärte Roman Poseck.
Speicherung von IP-Adressen
Der Europäische Gerichtshof hat spätestens am 30. April 2024 die anlasslose Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung jeglicher Art von Straftaten ermöglicht. Mit der IMK-Initiative „Praxistaugliche Umsetzung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshof zur Regelung der Vorratsdatenspeicherung“ ruft Hessen die Bundesregierung erneut auf, eine praxistaugliche Regelung für die Sicherheitsbehörden zu finden. Der Minister erklärt: „Die Menschen erwarten von der Politik Sicherheit, gerade in Zeiten von Terrorismus, Organisierter Kriminalität und schrecklicher Kindesmissbrauchsfälle. Wir müssen handeln und unsere Sicherheitsbehörden mit modernen und wirkungsvollen Befugnissen ausstatten. Wir dürfen nicht länger anderen Staaten bei der Kriminalitätsbekämpfung hinterherlaufen. Auch eine effektive Terrorismusbekämpfung braucht die Speicherung von IP-Adressen. Die Bundesregierung ist nun am Zug, der Rechtsprechung des EuGHs auch in Deutschland endlich Rechnung zu tragen. Hierauf wartet die Innere Sicherheit in Deutschland schon lange. In Anbetracht der sich verschärfenden Bedrohungslage ist der Handlungsdruck nun umso größer.“
Sicherheit jüdischer Menschen und Einrichtungen
„Deutschland trägt auch eine besondere historische Verantwortung für die Sicherheit jüdischer Menschen und Einrichtungen. Was sich nach dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel auf unseren Straßen abgespielt hat, ist unerträglich. Es kommt immer wieder zu Versammlungen, auf denen das Existenzrecht Israels öffentlich geleugnet und zur Zerstörung des Staates Israel aufgerufen wird. Diese Äußerungen sind nicht per se strafrechtlich verboten; das haben auch jüngste Gerichtsentscheidungen aus Hessen zum Ausdruck gebracht. Es besteht demnach weiterhin eine Strafbarkeitslücke, die durch das Bundesgesetz unbedingt geschlossen werden muss. Mit meiner Initiative „Strafrechtlicher Schutz des Existenzrechts Israels im Kontext von Versammlungen“ möchte ich eindringlich auf eine strafrechtliche Änderung hinwirken. Das Leugnen des Existenzrechts Israels sollte meiner Meinung nach unter Strafe gestellt werden. Dies würde es auch den Versammlungsbehörden erleichtern, rechtssichere Verbote von Versammlungen auszusprechen, die zur Vernichtung des Staates Israel aufrufen“, so Innenminister Roman Poseck.
Moderne Ermittlungsinstrumente für Sicherheitsbehörden
Der Minister erklärte weiter: „Neuen Kriminalitätsphänomenen müssen wir mit neuen Maßnahmen begegnen. Dazu gehört auch die „Nutzung von KI in der Polizei“. Es darf nicht sein, dass RAF-Terroristen von Journalisten per Gesichtserkennungssoftware gefunden werden, die Polizei das aber nicht darf. Das verstehen die Bürgerinnen und Bürger aus guten Gründen nicht. Um mit der steigenden Kriminalität im Netz mithalten zu können, brauchen wir moderne Ermittlungsinstrumente für unsere Sicherheitsbehörden. Insbesondere vor dem Hintergrund der europäischen KI-Verordnung, aber auch aufgrund teils restriktiver Vorgaben von Datenschutzbeauftragten und Verwaltungsgerichten, braucht es rechtliche Rahmenbedingungen, um KI auch effektiv zur Kriminalitätsbekämpfung zu nutzen. Deshalb habe ich gemeinsam mit Baden-Württemberg auch eine Initiative zur rechtssicheren Nutzung von KI eingebracht.“
„Ich setze auf ein starkes und einmütiges Signal der IMK für ein Mehr an Sicherheit und Konsequenz. In Anbetracht der zahlreichen Bedrohungen für unseren Rechtsstaat müssen wir auf allen Ebenen wehrhafter werden. Dafür werde ich mich im Rahmen meiner ersten Innenministerkonferenz einsetzen,“ erklärte Innenminister Roman Poseck abschließend.